Buddhistische Gemeinschaft Schweiz

 



Die edle Wahrheit vom Dukkha

Was ist nun, ihr Mönche, die edle Wahrheit vom Dukkha? Geburt ist Dukkha, Altern ist Dukkha, Sterben ist Dukkha, Kummer, Jammer, Schmerz, Gram und Verzweiflung sind Dukkha, das Nichterlangen dessen, was man begehrt, ist Dukkha; kurz gesagt, die fünf Aspekte des Haftens am Dasein sind Dukkha. [Die fünf Khandas (Aspekte) sind: Form (rûpa); Gefühl (vedanâ); Vorstellen (saññâ); Strebungen (sankhârâ); Gedanken-Aspekte (viññâna, Bewußtsein)].

Was ist nun, ihr Mönche, die Geburt? Der jeweiligen Wesen in jeweilig existierender Gattung Geburt, Gebärung, Bildung, Keimung, Empfängnis, das Erscheinen der Teile, das Ergreifen der Gebiete: das nennt man, ihr Mönche, Geburt.

Was ist nun, ihr Mönche, Altern? Der jeweiligen Wesen in jeweilig existierender Gattung altern und abnutzen, gebrechlich, grau und runzelig werden, der Kräfteverfall, das Abreifen der Sinne: Das nennt man, ihr Mönche, altern.

Was ist nun, ihr Mönche, sterben? Der jeweiligen Wesen in jeweilig existierender Gattung Hinschwinden, Auflösung, Zersetzung, Untergang, Abscheiden, Zeiterfüllung, das Zerfallen der Teile, die Verwesung der Leiche: Das nennt man, ihr Mönche, Sterben.

Was ist nun, ihr Mönche, Kummer? Was da, ihr Mönche, bei diesem und jenem Verluste, den man erfährt, bei diesem und jenem Unglück, das einen betrifft, Kummer, Kümmernis, Bekümmerung, innerer Kummer ist: Das nennt man, ihr Mönche, Kummer.

Was ist nun, ihr Mönche Jammer? Was da, ihr Mönche, bei diesem und jenem Verluste, den man erfährt, bei diesem und jenem Unglück, das einen betrifft, Klage und Jammer, Beklagen und Bejammern, laute Klage und lauter Jammer ist: Das nennt man, ihr Mönche, Jammer.

Was ist nun, ihr Mönche, Schmerz? Was da, ihr Mönche, körperlich schmerzhaft, unangenehm empfunden wird: Das nennt man, ihr Mönche, Schmerz.

Was ist nun, ihr Mönche, Gram? Was da, ihr Mönche, geistig schmerzhaft, geistig unangenehm ist, durch Gedankenkontakt als schmerzhaft, unangenehm empfunden wird: Das nennt man, ihr Mönche, Gram.

Was ist nun, ihr Mönche, Verzweiflung? Was da, ihr Mönche, bei diesem und jenem Verluste, den man erfährt, bei diesem und jenem Unglück, das einen betrifft, Verzagen und Verzweifeln, Verzagtsein und Verzweifeltsein ist: Das nennt man, ihr Mönche, Verzweiflung.

Was ist nun, ihr Mönche, das Nichterlangen dessen, was man begehrt, für Dukkha? Die Wesen, ihr Mönche, der Geburt unterworfen, kommt das Begehren an: "O daß wir doch nicht der Geburt unterworfen wären, daß uns doch keine Geburt (wieder) bevorstünde!" Aber das kann man durch Begehren nicht erreichen: Gerade nun das Nichterlangen dessen, was man begehrt, ist Dukkha. Die Wesen, ihr Mönche, dem Altern, dem Sterben, dem Kummer, dem Jammer, dem Schmerz, dem Gram, der Verzweiflung unterworfen, kommt das Begehren an: "O daß wir doch nicht dem Altern, dem Sterben, dem Kummer, dem Jammer, dem Schmerz, dem Gram, der Verzweiflung unterworfen wären, daß uns doch kein Altern und Sterben, kein Kummer und Jammer und Schmerz, kein Gram und keine Verzweiflung bevorstünde!" Aber das kann man durch Begehren nicht erreichen: Gerade nun das Nichterlangen dessen, was man begehrt, ist Dukkha.

Was sind nun, ihr Mönche, kurz gesagt, die fünf Aspekte des Haftens am Dasein für Dukkha? Es ist da ein Aspekt des Haftens an der Form, ein Aspekt des Haftens am Gefühl, ein Aspekt des Haftens an der Vorstellung, ein Aspekt des Haftens an den "Strebungen", ein Aspekt des Haftens an den verschiedenen Teilen des Bewußtseins: Das nennt man, ihr Mönche, kurz gesagt, die fünf leidvollen Aspekte des Haftens am Dasein. Das nennt man, ihr Mönche, die edle Wahrheit vom Dukkha. (M 141).

Was denkt ihr, Mönche: was ist wohl mehr, die Tränenflut, die ihr auf diesem langen Wege, immer wieder zu neuer Geburt und zu neuem Tode eilend, mit Unerwünschtem vereint, von Erwünschtem getrennt, klagend und weinend vergossen habt, oder das Wasser der vier großen Meere? Ohne Anfang und ohne Ende, ihr Mönche, ist dieser Samsâra, unerkennbar ist der Beginn der vom Nichtwissen umhüllten Wesen, die durch den Durst nach Dasein immer und immer wieder zu erneuter Geburt geführt werden und den endlosen Kreislauf der Wiedergeburten durcheilen. Und so habt ihr, Mönche, durch lange Zeit Leid erfahren, Qual erfahren, Unglück erfahren und das Leichenfeld vergößert - lange genug, wahrlich, ihr Mönche, um von jeder Existenz unbefriedigt zu sein, lange genug, um sich von allem Dasein abzuwenden, lange genug, um sich von ihm zu erlösen. (S II, XV, 3).

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